Das Thema des 11. Jugendkunstschultages Rheinland-Pfalz am 6. November 2018 lautete »Zwischen Anspruch und Wirklichkeit: Kulturelle Bildung für Alle?!«. Knapp 50 Akteure und Interessierte folgten der Einladung in die Koblenzer Jugendkunstwerkstatt.
Wie schon traditionell gab es am Vormittag einen interessanten wissenschaftlichen Input mit der anschließenden Möglichkeit der Diskussion. Thema war die Problematik von Kulturprojekten, ihre Vorsätze und Absichten von Empowerment, inklusiven oder interkulturellen Prozessen und Ergebnissen auch tatsächlich erfolgreich umzusetzen und nicht im Verlauf des Prozesses unbeabsichtigt und unbemerkt doch wieder in ausgrenzende Formen zu rutschen. Anhand einer Evaluation von drei Praxisprojekten im Bereich Musik zeigte Nina Stoffers von der Hochschule für Musik und Theater Leipzig in ihrem Vortrag auf, wie sehr ein vorgestelltes Projekt – hier ein Musikprojekt mit Sinti- und Roma-Kindern und zwei Grundschulen – durch verschiedene Formate und Arrangements genau das Gegenteil erreichte, nämlich eine Separierung der Sinti- und Roma-Kinder. Gedanke und Vorsatz für eine interkulturelle und inkludierende Durchführung waren sicherlich gegeben, jedoch eine Heraushebung durch verschiedene Symbole und Musikdarbietungen bis hin zur besonderen Kleidung der Sinti und Roma im Stück führten zum gegenteiligen Ergebnis. Sichtbar wurde hier, dass es wichtig ist, zwischendurch inne zu halten und auf das Geschehen aus der Metaebene zu schauen und den Abgleich immer wieder mit der Zielsetzung vorzunehmen, um solche sich einschleichende Tendenzen vorzubeugen bzw. aufzuhalten. Dabei muss der Blick sehr scharf auf Exklusion und Ausgrenzungsprozesse gerichtet sein. Dazu gilt es auch, die Strukturen im Hintergrund zu berücksichtigen. Dabei geht es um verschiedenste Dimensionen von Diversität, so Alter, Gender, Handicap usw. In der anschließenden Diskussion wurde auch die oft notwendige besondere Beschreibung spezieller Zielgruppen in Förderanträgen problematisiert, die damit der Exklusion ungewollt Vorschub leistet.
In der Kleingruppenarbeit am Nachmittag war das Thema „10 Jahre Jugendkunstschulförderung in Rheinland-Pfalz – Blick zurück nach vorne“. Die Fragestellungen waren, welche Stolpersteine und welche erfolgreichen Aktionen es in dieser Zeit gab, was die Visionen für die Zukunft sind und welcher Notwendigkeiten es bedarf, diese umzusetzen! Die Arbeitsgruppen waren aufgeteilt nach Ortsgrößen ihrer Institution – Kleinstadt, Großstadt und ländlicher Raum. Die zusammengetragenen Stichpunkte unterschieden sich jedoch nur wenig. Stolpersteine sind und waren für fast alle die veränderten Schulzeiten durch Ganztagsschule, Probleme passende Räume zu finden wie auch passende Referent*innen, fehlende personelle Kapazitäten vor allem auch im Hinblick auf zunehmende Verwaltungsnotwendigkeiten, die Finanzen – hier insbesondere die verlässliche Hintergrundfinanzierung, hohe Raumkosten, aber auch das Jährlichkeitsprinzip von öffentlichen Zuwendungen. Eine Vision, die daraus entstand, war das Budget für einen Zeitraum von drei Jahren. Weitere Visionen waren aber auch, bessere Räume und neue Kooperationspartner zu finden, auch mit Schule oder Kita sparten- und organisationsübergreifend zu arbeiten, Zeit und Know How und Geld für bessere Werbemaßnahmen wie z.B. Social Media zu haben sowie mit anderen Jugendkunstschulen mehr zusammenzuarbeiten. Notwendigkeiten werden gesehen in verlässlichen Finanzierungen durch das Land und Kommune (am besten über ein auf drei Jahre laufendes Budget), in längerfristiger Planbarkeit, mehr Nachhaltigkeit, in der Weiterentwicklung der Angebote – hier neue Themen, Formate, Werkstattarbeit –, aber auch im Finden neuer interessierter Künstler mit langfristigem Engagement.